Gem. § 10 Abs 1 Futtermittelgesetzes 1999, BGBl. I Nr. 139/1999 (FMG) sind die Durchführung von wissenschaft-lichen Versuchen mit Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unter Angabe des wissenschaftlichen Leiters sowie von Ort, Dauer, Zeit und Umfang sowie sonstigen Angaben, die für die Vorschreibung allfälliger Bedingungen und Auflagen gemäß Abs 2 erforderlich sind, zu melden. Derartige Futtermittel, Vormischungen und Zusatzstoffe sind als solche zu kennzeichnen und abgesondert zu lagern und dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
Abs 2 sieht vor, dass die Behörde, soweit dies zum Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren oder zur Erhaltung oder Verbesserung der Leistung von Nutztieren erforderlich ist, Bedingungen und Auflagen vorzuschreiben hat, welche den Verwendungszweck, den zulässigen Gehalt an Inhaltsstoffen, Zusatzstoffen oder unerwünschten Stoffen, die chemische Zusammensetzung, räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Herstellens oder Verfütterns oder die Verpflichtung zur Vorlage der Ergebnisse des durchgeführten Versuchs betreffen können.
Bitte beachten Sie, dass gem. Abs 3 die Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 114/2012 weiterhin zu beachten sind.
Versuchsmeldung an das BAES
Die Versuchsmeldung soll das Versuchsdesign beschreiben und die eingesetzte Wirksubstanz bzw. das konkrete Ziel des Versuches umfassen. Darüber ist zu eruieren, ob ein Fütterungsversuch Auswirkungen auf die Qualität von Fleisch bzw. Milch und anderen tierischen Produkten respektive andere Lebens- und Futtermittel hat. Jedenfalls ist bekanntzugeben, was mit den erzeugten Produkten geschieht.
Für Meldungen gem § 10 FMG ist das Formular"Meldung Fütterungsversuche" zu verwenden und vor Beginn des Versuchs dem Bundesamt für Ernährungssicherheit (futtermittel@baes.gv.at) zu übermitteln.
Insekten als Futtermittel
Im Rahmen einer Besprechung der zuständigen Behörden in Österreich (Bundesamt für Ernährungssicherheit und Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) und der landwirtschaftlichen Interessensvertretung (Landwirtschaftskammer Österreich) wurden die nachstehenden Informationen zur Verwendung von Insekten als Futtermittel erarbeitet. Diese Informationen dienen einerseits der Erstorientierung der Marktteilnehmer:innen und andererseits der Unterstützung hinsichtlich Rechtssicherheit und Transparenz in diesem Bereich.
Basisinformation für die Herstellung und Verwendung von Insekten als Futtermittel
Nachstehende Ausführungen beschäftigen sich mit Insekten(-produkten) iZm Futtermitteln. Insbesondere werden keine Thematiken aus dem Bereich Lebensmittel abgehandelt.
Eine umfassende Sammlung zu Fragen im Zusammenhang mit der Produktion, Aufzucht, Tötung, Verarbeitung etc. von Insekten zur Lebens- bzw. Futtermittelgewinnung findet sich auf der Homepage der Internationalen Plattform für Insekten als Lebens- und Futtermittel (IPIFF): https://ipiff.org/
Auf die „Leitlinien für gezüchtete Insekten als Lebensmittel“ des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMGF-75210/0003-II/B/13/2017) und den IPIFF Guide on Good Hygiene Practices darf verwiesen werden.
Zuständigkeiten:
Das Bundesamt für Ernährungssicherheit ist gem. § 16 Futtermittelgesetz 1999 (FMG 1999) grundsätzlich für die Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrolle, einschließlich der Untersuchung und Begutachtung der Futtermittel, Zusatzstoffe und Vormischungen zuständig.
Dem Landeshauptmann obliegt die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des FMG 1999 im Hinblick auf die Verfütterung von Futtermitteln an Nutztiere sowie die Herstellung, Verarbeitung und Lagerung von Futtermitteln auf landwirtschaftlichen Betrieben.
In Belangen des Veterinärwesens sind das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bzw. die Bezirksverwaltungsbehörden/Magistrate in mittelbarer Bundesverwaltung zuständig.
Insekten und deren Fütterung:
Insekten, die vom Menschen gehalten, gemästet oder gezüchtet und zur Gewinnung von Lebens- oder Futtermittel genutzt werden, gelten als Nutztiere im Sinne der Definition des Artikel 3 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009.
Zur Herstellung von Futtermitteln sind nur jene Insektenarten erlaubt, die in der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 in Anhang X, Kapitel II, Abschnitt 1 angeführt sind.
Die Fütterung solcher Insekten muss daher den Anforderungen an die Fütterung von Nutztieren genügen. Insbesondere gelten hier die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 183/2005, der Richtlinie 2002/32/EG über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung. Das bedeutet: die Verfütterung von Wiederkäuer-Proteinen, Küchen- und Speiseabfällen, Fleisch- und Knochenmehl sowie Gülle (und Kot) an Insekten ist nicht erlaubt. Auch gemäß Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 ist die Verwendung von Kot in der Tierernährung verboten.
Vorschriften zum Verfütterungsverbot gem. Artikel 7 sind in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 sowie den in der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 festgelegten Verfütterungsvorschriften angeführt. Insekten dürfen nicht mit (verarbeitetem) Insektenprotein gefüttert werden (generelles Intraspeziesverbot).
Verwendung von Insekten in der Fütterung:
Artikel 7 und Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 normieren das grundsätzliche Verfütterungsverbot von tierischen Proteinen sowie die Ausnahmen davon. Im Zusammenhang mit Insekten normiert Kapitel II des Anhangs IV, dass Tieren in Aquakultur (lit c), Geflügel (lit f) und Schweine (lit g) u. a. mit verarbeitetem tierischem Protein (PAP) aus Nutzinsekten (und solches enthaltendes Mischfuttermittel) gefüttert werden dürfen.
Das allgemeine Verfütterungsverbot von tierischem Protein an Wiederkäuer (Rinder, Schafe, etc.) sieht keine Ausnahme im Hinblick auf Insektenprotein vor.
Produktionsbetrieb (Haltung und Fütterung von Nutzinsekten):
Bei der Produktion von Insekten handelt es sich um Primärproduktion. Dies umfasst die Zucht und Mast von Nutztieren. Die Betriebe müssen im VIS als Nutztierhalter registriert werden.
Behörde: Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft/Magistrat)
Landwirtschaftliche – im LFBIS registrierte – Betriebe, die Futtermittel für die eigene Tierproduktion herstellen, bedürfen keiner zusätzlichen futtermittelrechtlichen Registrierung beim Bundesamt für Ernährungssicherheit.
Behörde für die Herstellung und Verfütterung betriebseigener Futtermittel ist der Landeshauptmann.
„Schlachtung“ und Verarbeiten von Nutzinsekten, Herstellen von verarbeitetem tierischen Protein (PAP):
- Nach der Tötung der Insekten (siehe IPIFF Guide) bedarf es einer weiteren Verarbeitung entsprechend der Tierische Nebenprodukteverordnung (EG) Nr. 1069/2009. Dabei sind die Vorgaben des Anhangs X der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 einzuhalten.
- Die Verarbeitung nach einer Methode des Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 ist Voraussetzung, um Insektenprotein später als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Futtermitteln verwenden zu dürfen.
- Die Verarbeitung muss in einem nach Tiermaterialiengesetz (TMG) zugelassenen Betrieb (Verarbeitungsbetrieb Kat3: Verarbeitung mittels Methode 1-5 oder 7) erfolgen.
- Erfolgt die Tötung der Insekten(larven) nicht am Ort der Verarbeitung, so ist dafür eine Zulassung als Zwischenbehandlungsbetrieb gem. Artikel 24 lit h) der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 erforderlich.
Behörde: Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft/Magistrat)
Nutztierfütterung mit Insektenprotein:
Da die Ausnahmen vom allgemeinen Verfütterungsverbot tierischen Proteins nur verarbeitetes tierisches Protein vorsehen, dürfen Insekten auch nur in Form des verarbeiteten tierischen Proteins in der Fütterung von Nutztieren (Tieren in Aquakultur, Geflügel und Schwein) eingesetzt werden.
- Futtermittel aus Insektenmaterial
Das fertige Insektenprodukt aus der Verarbeitung ist ein Einzelfuttermittel gemäß Verordnung (EU) 68/2013 – Nummer 9.4.1. - Herstellung von Alleinfuttermittel für Nutztiere aus Insektenprotein
Verarbeitetes tierisches Protein aus Insekten ist zulässig zur Verwendung als Futtermittel für Tiere in Aquakultur, Geflügel und Schweine, wobei die Regelungen analog zum Einsatz von Fischmehl sind. Für die Herstellung von Futtermitteln bedarf es einer Registrierung beim BAES. - Herstellung von Heimtierfutter
Für die Herstellung von verarbeitetem Heimtierfutter dürfen neben verarbeitetem tierischem Protein aus Insekten auch unverarbeitete/tote Insekten eingesetzt werden. Grund dafür ist, dass es (durch den nachfolgenden Verarbeitungsschritt) keiner vorherigen Verarbeitung der abgetöteten Insekten gem. Verordnung (EU) Nr. 142/2011 bedarf. Hersteller von verarbeitetem Heimtierfutter unterliegen der Zulassungspflicht nach dem TMG. Die Voraussetzungen dafür sind im Anhang XIII, Kapitel II, 3, b) v der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 zu finden.
Behörde TMG: Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft/ Magistrat)
Für die Herstellung von Futtermitteln bedarf es einer Registrierung beim BAES.
Verfütterung lebender Insekten an Nutztiere:
Im Hinblick auf die Verfütterung lebender Insekten an Nutztiere sind den einschlägigen europäischen Regelungen keine Vorschriften zu entnehmen. Es obliegt vielmehr den Mitgliedstaaten selbst, diesen Bereich zu regeln. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass lebende Insekten keine tierischen Nebenprodukte sind, daher nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 fallen und somit keine Regelungen zu deren Verfütterung auf EU-Ebene geschaffen werden können.
Aus Sicht der österreichischen Behörden birgt die Verfütterung von lebenden Insekten an Nutztiere Fragestellungen, die insbesondere im Zusammenhang mit der (Futtermittel-)Hygiene einer näheren Beleuchtung bedürfen und bis dato nicht endgültig geklärt sind. Die Anforderungen an Transport und Art der Verfütterung von lebenden Insekten können mit den gegenwärtigen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 nicht hinreichend abgedeckt werden:
- Wie kann die Aufnahme von Insektenkot (vom Boden) durch Nutztiere verhindert werden?
- Wie wird sichergestellt, dass es sich ausschließlich um lebende Insekten handelt?
- Lebende Insekten sind selbst „Träger“ von unerwünschten Stoffen in der Tierernährung wie rohem Darminhalt/Kot bzw. Nährsubstraten, und entsprechen daher nicht der Verordnung (EG) Nr. 183/2005.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Verfütterung von lebenden Insekten ein höheres Risiko birgt. Insbesondere mit Blick auf behördliche Kontrolltätigkeiten (Inverkehrbringen und Verfütterung am landwirtschaftlichen Betrieb) bedarf es weiterer Abklärung (Lagerung der Insekten vor der Verfütterung, Probenahme etc.).
Die Lebendfütterung von Insekten an Nutztiere ist in Österreich derzeit nur im Rahmen eines Fütterungsversuchs zulässig. Solche Versuche sind gem. § 10 FMG 1999 dem BAES zu melden. Bei Fütterungsversuchen ist sicherzustellen, dass Lebensmittel, die aus Fütterungsversuchen hervorgehen, nicht in die Lebensmittelkette gelangen, wenn deren Unbedenklichkeit bzw. Sicherheit für den menschlichen Verzehr nicht explizit nachgewiesen werden kann.
Sollte Lebendfütterung entdeckt/angezeigt werden und es sich dabei um keinen (beim BAES gemeldeten) Versuch handeln, können Insekten nur als unerwünschte Einträge in Futtermitteln angesehen werden. Entsprechende Maßnahmen müssen im Anschluss von der jeweiligen zuständigen Behörde angeordnet werden (Beanstandungen, Marktrückholungen auch von Folgeprodukten tierischen Ursprungs, Verständigung der Kunden, etc.).